TikTok ist wie Twitter. Nur anders.
Ob die anstehende Bundestagswahl, Black Life Matters oder die US-Präsidentenwahl: Wer glaubt, dass lustige Tanzvideos das Einzige sind, was auf TikTok zu sehen ist, irrt gewaltig. Immer häufiger finden sich auf der rasant wachsenden chinesischen Videoplattform Beiträge, die politische Inhalte auf ihre ganz eigene Art und Weise thematisieren.
Bekannt ist TikTok für den unterhaltenden, alltäglichen Video-Content, den die sehr jungen Nutzer:innen vorzugsweise ansehen. Hoch im Kurs sind Comedy, Film und Fernsehen, Videospiele und Tier-Content. Gezeigt wird, was interessiert. Der TikTok Algorithmus sorgt dafür. Auch sind es das Format und die Usability, die die Generation Z in den Bann ziehen. Doch längst sind die Content Producer mit ihren Beiträgen der reinen Unterhaltung entwachsen. Sie wollen Content erzeugen, der Relevanz hat – für sie selbst und die konsumierenden User:innen.
Ob Interviews mit den Kanzlerkandidat:innen, Vorstellung der Wahlprogramme oder der ganz persönliche Smartphone-Check mit Annalena Baerbock: in kurzen Videos informieren Channels, wie beispielsweise „duhastdiewahl“, über brandaktuelle Themen rund um die Bundestagswahl 2021. Sogar TikTok selbst stellt Informationen auf einer In-App-Seite bereit, da die Gefahr der Verbreitung von Fake News gerade auf sozialen Plattformen hoch ist. Um dem vorzubeugen, hat sich der chinesische Anbieter in Kooperation mit der ARD bemüht, vertrauenswürdige Informationen zur Verfügung zu stellen, auf die die Nutzer:innen leichten Zugriff haben.
Neu ist die aufgezeigte inhaltliche Entwicklung auf TikTok allerdings nicht. Zuletzt zeigte der US-Wahlkampf zwischen Biden und Trump, dass politische Inhalte auf der Plattform ganz große Themen sind.
Ein Deja-vu?
Kommt jemandem die Diskussion um die Relevanz eines Social Networks im politischen Kontext bekannt vor? Einen solchen Diskurs gab es bereits zuvor: mit Twitter. Twitter, 2006 von Jack Dorsey, Biz Stone und Evan Williams gegründet, dient heute als die News- und Diskussionsplattform – gerade auch im Hinblick auf politische Themen. Ursprünglich war die Plattform zum Informationsaustausch gedacht, um sich über das aktuelle Geschehen zu informieren und zu unterhalten, so Dorseys Idee. Allerdings änderte sich dies nicht zuletzt mit der „Arabischen Revolution“, bei der Twitter für die Demonstranten ein wichtiges Mittel darstellte, um ihre Aktivitäten zu koordinieren. Spätestens seit dem US-Wahlkampf 2012 des ehemaligen Präsidenten Obama und seines Konkurrenten Mitt Romney ist Twitter als die Plattform für politische Kommunikation nicht mehr wegzudenken.
Wie auch Twitter stellt TikTok ein relevantes Medium für politische Inhalte dar und sollte als solches in Kommunikationsstrategien berücksichtigt werden. Das hat nicht nur Martin Fuchs, Politikberater und Blogger, festgestellt. Er bewertet TikTok als eine der wichtigsten Plattformen für den Wahlkampf, um die Zielgruppe der Erstwähler zu erreichen. Und genau hier liegt der Unterschied zu Twitter. Es sind die Zielgruppen und die Content-Formate, durch die sich die Netzwerke voneinander unterscheiden.