Green Marketing – die Kosmetikindustrie zwischen Glaubwürdigkeit und Greenwashing
Die Mega-Themen „Umweltschutz“ und „Nachhaltigkeit“ bestimmen schon seit Jahren weite Teile des gesellschaftlichen und des wissenschaftlichen Diskurses. Und auch wenn aktuell die Diskussion um den richtigen Weg aus der Pandemie dominiert, sind sie für die Zukunft nicht mehr wegzudenken. Denn die Diskrepanz zwischen Wachstumszielen und der Endlichkeit unserer Ressourcen ist so offensichtlich, dass darauf reagiert werden muss. Das haben sowohl Verbraucher*innen als auch Unternehmen erkannt. Aber wie sehen die Konsequenzen aus? In ihrer Masterarbeit hat sich unsere Kollegin Lena dieser Frage im Hinblick auf die Kosmetikindustrie genähert.
Der Megatrend Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom an Aktivitäten erzeugt. Von Modeunternehmen, die auf fair produzierte Baumwolle setzen, über IT-Unternehmen, die auf Green-IT umsteigen, über die Automobilbranche, die die Weiterentwicklung von Elektromobilität vorantreibt, bis hin zu Werbemittelherstellern, die Plastikverpackungen reduzieren – plötzlich ist alles grün. Auch bei Verbraucher*innen ist ein Umdenken zu beobachten. Themen wie die Reduktion von Plastikmüll und Lebensmittelabfällen sowie soziale Verantwortung rücken mehr und mehr in den Fokus. Wie glaubwürdig ist das alles?
Nachhaltigkeit – keine neue Erkenntnis
Der Grundgedanke von Nachhaltigkeit ist nicht neu, sondern lediglich neu verpackt. Denn der Ursprung von Nachhaltigkeit lässt sich auf das Jahr 1713 und die Forstwirtschaft zurückführen und bildet das Verständnis der heutigen ökologischen Nachhaltigkeit: Es sollte pro Jahr nicht mehr Holz geschlagen werden als nachwächst. Klingt logisch? Ist es auch! Jedoch lag die eigentliche Herausforderung schon immer in der konsequenten Umsetzung. In jedem Fall wäre es fatal, Nachhaltigkeit auf die ökologische Dimension zu reduzieren. Denn sie umfasst heutzutage weitaus mehr: Soziale, ökonomische und kulturelle sowie gesundheitliche Aspekte bilden die Säulen von Nachhaltigkeit. Gleichzeitig macht es gerade das so kompliziert: Nachhaltigkeit ist facettenreich und löst verschiedene Assoziationen bei den Menschen aus, sodass es auch für Unternehmen schwierig ist, den Anforderungen der Verbraucher*innen gerecht zu werden, ohne Gefahr zu laufen, des Greenwashings beschuldigt zu werden.
In einer eigenen, nicht repräsentativen Studie nahm Lena insbesondere die Kosmetikbranche unter die Lupe. Denn nachhaltige Kosmetika gewinnen zunehmend an Marktanteilen und das damit verbundene Interesse der Verbraucher*innen steigt. Deshalb ging sie der Frage nach, wie stark Verbraucher*innen bestimmte Nachhaltigkeitskriterien gewichten, wenn sie ein Kosmetikprodukt als nachhaltiges Produkt deklarieren sollen. Das Ergebnis: „The product ist the key“. Eine umweltfreundliche Verpackung (wiederverwendbar, recycelt, abbaubar) geht als Sieger aus den identifizierten Kriterien hervor. Und auch die Vermeidung von Kinderarbeit sowie Gesundheitsaspekte, z. B. die Verwendung natürlicher und nicht-gesundheitsschädlicher Inhaltsstoffe, stehen hoch im Kurs. Darüber hinaus werden übergreifende ökologische Kriterien von Verbraucher*innen stark gewichtet – nicht sonderlich überraschend, wenn man weiß, woher der Begriff „Nachhaltigkeit“ stammt.
Reicht es also, eine nachhaltige Verpackung zu verwenden? Lena kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Jain! Natürlich sollten Nachhaltigkeitsbestrebungen stets glaubwürdig und echt sein – schließlich droht ein gewaltiger Imageschaden, wenn ein Unternehmen des Greenwashings überführt wird. Gleichzeitig muss jedoch betont werden, dass eine nachhaltige Verpackung zumindest ein kleiner Anfang sein kann. Denn ignorieren kann und sollte man das gesamtgesellschaftliche Streben nach Nachhaltigkeit nicht. Und zwar auch vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass Meinung, Einstellung und Verhalten der Verbraucher*innen heute in den meisten Fällen immer noch stark auseinanderfallen, d. h.: Trotz der Aussage, dass einem Nachhaltigkeitskriterien besonders wichtig sind, verzichten Verbraucherinnen*innen nur ungern auf die von ihnen präferierten Produkte. Und zwar insbesondere dann nicht, wenn diese dann auch noch zu attraktiven Preisen angeboten werden. Die Zukunft wird zeigen, ob sich das ändert. Und weitere Studien zum Thema werden Unternehmen dabei helfen, sich richtig und rechtzeitig hierauf einzustellen.
In jedem Fall bleibt spannend zu verfolgen, welche Unternehmen zukünftig konsequent auf glaubwürdiges Green Marketing anstelle von Greenwashing setzen werden. Denn eins ist klar: Für Unternehmen, die Nachhaltigkeit bis heute keine Beachtung schenken, wird es immer schwerer werden, wettbewerbsfähig zu bleiben. Und das gilt vor allem im Hinblick auf die Generation Z, die mit der Diskussion um den Klimawandel erwachsen geworden ist. Das belegt auch Lenas eindrucksvolle Masterarbeit.